Nur Nachts ist es hell
Ich begann mir zwanghaft vorzustellen, wie unser Leben, vor allem das meiner Brüder, verlaufen wäre, wenn es den ersten Krieg – und in der Folge den zweiten – nicht gegeben hätte.
Die Geschichte meiner Familie war untrennbar damit verbunden. Aber welche Familie konnte das nicht behaupten? Trotzdem gab es diejenigen, die weniger verloren als andere, die mit weniger Opfer daraus hervorgingen. Zum Beispiel meine Schwiegerfamilie. Sie entbehrten wenig während des Krieges – die Ordination florierte mehr denn je -, alle überlebten und waren gesund. Georgs Arm, das war das einzige Opfer, welches die gesamte Familie Tichy erbracht hatte. Meine Familie hingegen hatte alles verloren.
S. 42
Herbst 1973, Wien: Eine Frau erzählt ihre Lebensgeschichte.
Zu Beginn ihres Berichts sinniert Elisabeth Tichy, geb. Brugger, über die zwei großen Kriege, die das Leben ihrer Herkunfstfamilie massiv geprägt haben, mehr als das bei anderen Familien der Fall war.
Nach dem 1. Weltkrieg studiert Elisabeth Medizin, es ist eine Zeit, in der Frauen während des Universitätsstudium mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Sie heiratet Georg Tichy – er hat an der Südfront seinen linken Arm verloren -, der aus einer alteingesessenen Ärztefamilie stammt, und führt mit ihm gemeinsam eine Praxis für Allgemeinmedizin, Elisabeths Schwerpunkt liegt auf der Geburtshilfe. Als Ärztin fühlt sie sich verpflichtet, sich für die Ärmsten der Armen einzusetzen, wie das schon ihr Vater Albert Brugger getan hat. Vor allem kann sie die Augen vor dem Leid der Frauen nicht verschließen, die in ihrer Not eine Engelmacherin aufsuchen müssen. Sie muss sich entscheiden, wie weit sie bereit ist zu gehen, bis eines Tages die Sache aus dem Ruder läuft.
Eines Abends betrat eine junge Frau die Ordination, sie wirkte verstört.
Ich war allein, Georg empfing seine Patienten vormittags. Die Frau brachte kein Wort heraus und ich musterte sie, obwohl es warm war, trug sie einen langen Mantel. „Ich nehme an, Sie wollen etwas Bestimmtes“, sagte ich, „aber das muss ich Ihnen verweigern, ich mache keine Abtreibungen.“ Die Frau konnte nur mit Mühe sprechen, ich merkte, dass sie starke Schmerzen litt. Sie öffnete ihren Mantel, ihr Rock war voller Blut, und ich verstand, dass sie keine Abtreibung benötigte, sie hatte eine hinter sich. Mir war bewusst, ich musste rasch handeln.
S.140
Elisabeth bekommt zwei Söhne: Bert und Julius. Es ist ihre Mutter Anna Brugger, welche die Buben großzieht. Später werden die beiden jungen Männer in den 2. Weltkrieg eingezogen, Bert gerät in Russland in Kriegsgefangenschaft, Julius verliebt sich in Frankreich in eine junge Pariserin. Für kurze Zeit hat Elisabeth einen Geliebten, mit ihm macht sie eine Italienreise. Eine besonders enge Beziehung hat sie zu ihrem Bruder Eugen, sie ist die Einzige, die von seiner Affäre mit Luzia, der Frau seines Zwillingsbruders Carl, weiß. Als Eugen von der SS gesucht wird, fragen sich Luzia und Elisabeth, ob Carl nicht doch mehr wusste, als er all die Jahre über vorgab …
Eine Veranstaltung von Fraustadt Freistadt – www.fraustadt.at
Foto: Maria Noi
Vorverkauf: www.local-buehne.at/tickets
Vorverkauf EUR 15,-
Abendkasse: 18,- / 16,-
Abendkasse Preis 1: Vollpreis Abendkassa; Preis 2: ermäßigt Abendkassa (u. a. für Ö1-, Arbeiterkammer-, Kupf-Mitglieder, Schüler*innen, Student*innen, Präsenz- & Zivildiener; mit gültigem Ausweis); Local-Bühne-Mitglieder: 1 Euro retour auf VVK an Abendkasse